Kunsträtsel / Rätselkunst 33

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Der Künstler, nach dem ich dieses Mal suche, ist vor allem durch das nach ihm benannte Gericht überaus bekannt geworden. Tatsächlich ist es so, dass zuerst das Gericht aufgeführt wird, wenn man etwa den Namen des Künstlers bei Google eingibt. Erst danach, wenn man etwas weiter unten nachforscht, erscheint er. Das Gericht ist von einem bedeutenden Gastronomen in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts erfunden worden, und weil zur gleichen Zeit eine Sonderausstellung mit Bildern des Künstlers zu sehen war, nannte er das neuerfundene Gericht nach ihm. Dazu ist der Maler besonders für seine differenzierten Rottöne bekannt, auch das kann den Gastronomen dazu gebracht haben, sein Gericht nach ihm zu benennen. Vermutlich hat jede und jeder von uns schon einmal das leckere Gericht gekostet.

Der Künstler ist in einer der bedeutenden Kunststädte Italiens geboren. Über seine frühe Kindheit ist nicht allzu viel bekannt. In  der Werkstatt der damals wichtigsten Künstler machte er schon recht früh eine Ausbildung. Dann erhielt er auch schon bald einen bedeutenden Auftrag von einer Laienvereinigung. Dass ausgerechnet er als sehr junger Künstler diesen Auftrag erhielt, kann auch damit zusammenhängen, dass sein Onkel eine wichtige Rolle in der Laienvereinigung spielte.

Diese Vereinigung war nach einer Märtyrerin benannt, und der junge Mann sollte für das Vereinsgebäudes eine Reihe von  Bildern malen, die die Reise der  jungen Frau mit ihren Begleiterinnen zeigt. An sich hatte die junge Frau einen Prinzen heiraten sollen,  sie wollte jedoch zunächst eine Pilgerreise machen. Also brach sie mit zahlreichen Begleiterinnen auf, und sie kam auch tatsächlich am Pilgerort an. Erst auf der Rückreise von der Pilgerfahrt erlitten die  jungen Frauen das Martyrium, als sie bei einer großen deutschen Stadt angekommen waren.

Unser Künstler schildert die Reise in neun Bildern – dabei ist es interessant, dass er als Hintergründe des jeweiligen Geschehens immer nur Ansichten der eigenen Umgebung zeigt. Offensichtlich war es ihm – und damit sicher auch seinen Auftraggebern – wichtig, das schon damals mythische Geschehen in die aktuelle Zeit zu übertragen. Vermutlich wollte man mit der Geschichte deutlich machen, dass sich so etwas wie ein Martyrium auch  in der eigenen Stadt  ereignen könne, wenn etwa die Nichtgläubigen siegen könnten. .

Die Vereinigung wurde später aufgelöst und danach kamen die Bilder in die bedeutendste Galerie der Stadt, wo man sie noch heute in einem großen Extrasaal sehen kann. Schaut man sich den Zyklus genauer an, kann man zumindest vermuten, in welcher Reihenfolge die Bilder gemalt worden sind – das von ihm als erstes gemalte Bild entspricht nicht dem ersten der Geschichte. Ich vermute, dass er zu Beginn seiner Arbeit technisch noch nicht so versiert war wie später.

Also…. Wer ist der Künstler, nach dem das berühmte Gericht benannt worden ist? Und um welchen Zyklus handelt es sich? Und – vielleicht schauen Sie sich die Bilder einmal im Netz an und denken darüber nach, welches Bild er  vermutlich als erstes gemalt hat. Ihre Meinung dazu würde mich schon interessieren.

Zu gewinnen gibt es dieses Mal eine Zeichnung, die ich vor einigen Jahren in Rom beim Palazzo Caffarelli gemacht habe – dort war zeitweise die preußische und ab 1871 die deutsche Botschaft untergebracht, und einige der deutschen Künstler haben dort gewohnt, jetzt ist der Palazzo Teil der kapitolinischen Museen.

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Auflösung Rätsel 33

Liebe Kunst-, Rätsel- und Italienfreundinnen und –freunde,

der Künstler, nach dem ich letzten Mal gesucht habe, war tatsächlich recht vielen bekannt. Jedenfalls habe ich eine ganze Reihe von richtigen Lösungen zugeschickt bekommen. Viele waren überrascht, dass das ‚Carpaccio‘, was sie sehr gern aßen, nach einem Künstler benannt worden ist. Tatsächlich hat der Gastronom Cipriani (Harrys Bar und das sehr gute Restaurant Cipriani auf Torcello – einmal habe ich dort gegessen….war köstlich!) das ‚Carpaccio‘ erfunden, weil eine bedeutende Dame Rindfleisch nur roh verzehren wollte oder durfte. Und da in Venedig gleichzeitig eine Ausstellung mit Bildern von Carpaccio lief, benannte er sein neues Gericht nach diesem Maler – dazu soll ihn auch die reiche Scala von Rottönen, die in seinen Bildern vorherrschen, angeregt haben.

Vittore Carpaccio (um 1465 – 1525/26 Venedig) hat vermutlich in der Werkstatt von Gentile Bellini gelernt. Diese Werkstatt war für viele damalige Künstler der Einstieg in ihre künstlerische Arbeit. Tatsächlich gab es ja keine Akademien oder ähnliches – solche Institute wurden erst Mitte des 16. Jahrhunderts gegründet. Bis dahin gab es eben die Werkstätten, in denen alle jungen Künstler ihre Ausbildung erhielten.

Der Bilderzyklus ist der ‚Ursula Zyklus‘ für die gleichnamige ‚Scuola‘ in Venedig. Der Zyklus besteht aus neun Bildern, er beginnt mit der Ankunft von englischen Botschaftern am Hof des Königs der Bretagne – sie sollen um die Königstochter werben. Die Tochter will zwar heiraten, aber sie will erst eine Pilgerfahrt nach Rom unternehmen. Das darf sie machen, auf der Rückfahrt erleidet sie dann das Martyrium in Köln. 

Schaut man sich die Bilder an, dann kann man feststellen, dass sie nicht in dieser Reihenfolge gemalt sein können, tatsächlich ist die ‚Ankunft der Heiligen in Köln‘ schon aus dem Jahr 1490. Das ist also das am frühesten gemalte Bild. Vergleicht man dieses etwa mit der ‚Ankunft der Botschafter‘, das ja in der Geschichte das erste Bild ist, damit, dann sieht man doch einen starken Unterschied in der Darstellung. Die Figuren stehen viel steifer da, die Farbigkeit ist eine völlig andere – offensichtlich hatte der Maler noch Schwierigkeiten mit der Darstellung fertig zu werden.

Man sollte sich Bilder überhaupt etwas genauer anschauen. Wenn ich mich richtig erinnere hat Anselm Feuerbach auf die Frage, wie man ein Bild betrachten solle, in etwa gesagt: ‚Man besorge sich einen Stuhl‘.

Gewonnen hat dieses Mal die Nummer 36 und das ist tatsächlich mein Freund Hans Jürgen Matz (und ich habe wirklich nicht geschummelt!)

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Passend zu der Zeichnung des Palazzo Caffarelli möchte ich Ihnen noch etwas in eigener Sache empfehlen.

2022 habe ich für die DIK (Deutsch-Italienische Kulturgesellschaft Hannover)  ein Buch über deutsche Künstlerinnen und Künstler geschrieben, die in Italien gelebt und gearbeitet haben. Viele von ihnen sind heute kaum noch bekannt – aber es lohnt sich wirklich, sie neu zu betrachten. Man kann überraschende Entdeckungen machen.

Das Buch hat 185 Seiten, viele Abbildungen lassen die Kunst der damaligen Zeit lebendig werden.

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Das Buch hat keine ISBN Nummer – Sie können es daher nicht im Buchhandel bestellen. Wenn Sie Interesse daran haben, schreiben Sie mir das bitte (rainer-grimm@arcor.de).

Es kostet zwölf Euro, wenn ich es verschicken muss, kommen Kosten für Verpackung und Porto in Höhe von drei Euro dazu.