Marie Steckelberg
Während wir auf den dunklen Holzsitzen der altmodischen, gelben Straßenbahn sitzen, um unsere erste Tour durch Milano zu beginnen, zieht die Stadt an uns vorbei.
Goldenes Licht eines Sommerabends dringt durch die leicht staubigen Fensterscheiben hindurch, als die Türen sich öffnen, erklingt aus der Ferne eine Melodie. Ein Straßenmusiker. Wir waren in die Bahn eingestiegen, ohne ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Losfahren und auf sich zukommen lassen, was sich ergibt. Wir werden leicht durchgerüttelt, während die Bahn um eine Kurve biegt. Als wir einen Blick in die Bahn erhaschen, die gerade an uns vorbeifährt, trauen wir unseren Augen nicht. In der Straßenbahn befindet sich doch tatsächlich ein Restaurant, in dem die Besucher, während sie ihren Wein genießen, durch die Straßen Milanos tuckern!
Was für eine Stadt.
Ich höre das Klirren von Gläsern. Klänge gedämpfter Stimmen, das Gemurmel einer fremden Sprache, dem ich mittlerweile jedoch einen Sinn entnehmen kann. Unter meinen Händen spüre ich das schwere Leder des Sessels, in dessen Polstern ich einsinke, während ich einen frisch gepressten Orangensaft schlürfe. Mein LieblingsCafé mitten im Zentrum des Navigli Districts Milanos. Ein Bücherregal mit antiken Werken füllt hier die komplette Wand aus. Ich komme häufig hier her, um zu lernen, zu schreiben, zu lesen oder einfach, um einen guten italienischen Kaffee oder einen Aperitivo mit einer Freundin zu genießen. Die meisten Menschen scheinen hier eher in Eile zu sein. Sie gehen geschäftig ein und aus, den Espresso nur schnell hinunterstürzend. Wohin sie wohl alle unterwegs sein mögen?
Meine Tanzschule in Milano! Von außen sieht sie richtig verwunschen aus, oder?
Viele Pflanzen, die sich um das Geländer des kleinen Treppchens winden, das zur Eingangstür führt. Als ich das erste Mal dort ankam, erwartete ich nicht viel. Wirklich getanzt hatte ich bis dahin nie, aber ich dachte mir, wenn ich schon in Italien bin, kann ich auch gleich noch etwas ganz Neues ausprobieren. Es hat sich gelohnt, denn wider Erwarten ging ich an diesem Abend ganz euphorisch nach Hause. Es ist wirklich gut, immer wieder neue Dinge zu versuchen, so entdeckt man manchmal ganz überraschend etwas Wunderbares. Im Alltag geht diese Abenteuerlust leider manchmal verloren oder wird vernachlässigt. Hier jedoch habe ich unglaublich viel Zeit und meine Tanzschule ist für mich mittlerweile zu einem Ort geworden, der mir sehr am Herzen liegt.