Kunsträtsel 34


Rätsel 34

Der Maler, nach dem ich dieses Mal suche, stammt aus einer heute eher kleineren Stadt – im Mittelalter und der beginnende Neuzeit war sie aber sehr bedeutend. Erst im 16. Jahrhundert verlor sie durch ihre alte Rivalin die Macht. Aber in der Zeit, um die es hier geht, stand sie unangefochten auf dem Höhepunkt – neben der eigentlichen Stadt gehörten reiche Gebiete aus der näheren und weiteren Umgebung zu ihrem Herrschaftsbereich.

Unser Künstler ist in dieser Stadt geboren, seine erste Ausbildung erhielt er vermutlich bei seinem älteren Bruder, der auch als Künstler sehr erfolgreich war. Die beiden Brüder arbeiteten später auch gemeinsam bei einigen Aufträgen. Wie allgemein üblich in dieser Zeit war es so, dass die Künstler grundsätzlich nur im Auftrag von Institutionen arbeiteten. So war es natürlich auch bei diesem Meister.

Dennoch hat er in seiner Zeit herausragende Meisterwerke geschaffen – man kann sogar sagen, dass er in einigen seiner Bilderfindungen neue Maßstäbe gesetzt hat. Erst mehr als fünfzig Jahre nach seinem Tod wurden Ideen, die er in seine Bilder gebracht hatte, von anderen Künstlern aufgegriffen und weitergeführt. Trotz dieser großen Leistung ist der Künstler bei vielen Kunstfreunden doch nicht so bekannt geblieben – vielleicht hängt das tatsächlich auch damit zusammen, dass seine Heimatstadt nach der Übernahme durch die große Rivalin nicht mehr die Bedeutung hatte, die ihr eigentlich zustand. Die Geschichte wird halt auch immer von den Siegern geschrieben. Unter anderem hat er im Auftrag der Stadtregierung große Wandgemälde geschaffen, die heute noch im großen Saal des Palazzo Communale bewundert werden können.

Das Bild, nach dem ich heute suche, ist allerdings ein religiöses. Aber auch dabei hat er etwas in die Kunst eingeführt, das weit über das hinausweist, was es bis dahin gegeben hatte. Man schaut von außen erst einmal auf ein dreischiffiges Gebäude – in der Mitte sieht man sogar die Vierungskuppel.

Unten aber schaut man direkt in den Chor hinein. Man sieht drei Schiffe, die durch sehr dünne Säulen voneinander getrennt werden. Links und rechts stehen Menschen, einige davon haben einen Heiligenschein, in der Mitte ist ein bärtiger Priester mit einem spitzen Hut hinter einer Art Altar zu sehen. Links von ihm steht eine Frau, die ein Tuch in den Händen hält. Ihr gegenüber trägt ein Mann ein Baby.

Das, was diesen Altar aber ganz besonders aus allen in dieser Zeit gemalten Bildern heraushebt, ist der gekachelte Fußboden. Alle nach hinten führenden Linien treffen sich in einem Punkt – hier ist also schon so etwas wie eine konstruierte Perspektive zu sehen.

Schaut man sich die nach hinten führenden Linien dann oben bei den Kapitellen der Säulen an, dann treffen die sich zwar auch in einem Punkt – der liegt aber wesentlich höher als der der Kacheln unten. Die unterschiedlichen Fluchtpunkte liegen also alle auf einer gemeinsamen Senkrechten.

Der Künstler erreicht dadurch, dass sich der Betrachter mit in das Geschehen einbezogen fühlt. Damit verweist er schon auf eine viel spätere Zeit….. und damit auch auf eine andere Geisteshaltung.  

Wer ist der Künstler? Um welche Wandgemälde handelt es sich? Und was ist auf dem gesuchten Bild dargestellt?

Zu gewinnen gibt es dieses Mal eine Zeichnung, die ich vor etwa drei Jahren in der Nähe des Lago Massaciuccoli gemacht habe. Oberhalb des Sees gibt es die Überreste einer römischen Villa, und mich hat damals begeistert, wie das neue Leben aus den Ruinen erwächst.

Viel Spaß beim Lesen, Denken, Suchen und Finden wünscht